Tschüss & bis bald!

Montag, 03 Februar 2014 00:22 Benno

foto26Mit der abschließenden Doppelrunde fand für die erste Mannschaft des SC Garching der Schwanengesang auf drei spannende Jahre in der Zweiten Bundesliga statt. Während wir uns nämlich in den beiden Vorjahren noch im Fotofinish aus den Abstiegsrängen retten konnten, hatten wir dieses Mal zu früh alles klar gemacht – und leider nicht so, wie wir es uns vorgenommen hatten. Das war einigen knappen und unglücklich ausgegangenen Mannschaftskämpfen, aber auch der starken Zweiteilung der Liga geschuldet; letztere kann man daran ablesen, dass mit Nürnberg und Plauen zwei nicht gerade schwach besetzte Mannschaften ebenfalls bereits vor den Schlussrunden als unsere ‚Abstiegspartner‘ feststanden.

 

Trotz der wenig inspirierenden Tabellensituation waren wir motiviert nach Plauen gefahren – nicht zuletzt, um unsere Ambitionen auf einen sofortigen Wiederaufstieg in der kommenden Saison zu unterstreichen. Dies ist uns am Samstag gegen Plauen nur teilweise, am Folgetag gegen die starke Mannschaft aus Erfurt (angetreten mit insgesamt sieben GMs und IMs) aber dafür umso eindrucksvoller gelungen. Zudem spielte Roland noch um seine letzte Norm, die für den angesichts der Leistungen der vergangenen Jahre überfälligen Titel des Internationalen Meisters noch nötig war; für genügend Spannung war also gesorgt.

SK König Plauen – SC Garching

Im ruhigen Fahrwasser und ohne besondere Zwischenfälle steuerte Alex seine Schwarzpartie in den Remishafen; mit einer slawischen Struktur gegen den Réti-Aufbau des Weißen erhielt Alex Ausgleich, und es sprach nichts gegen den Friedensschluss. (Brett 6, Paul – Dehlinger, ½ : ½)

Am achten Brett sorgte Claus dann für die Garchinger Führung. In einer zunächst recht ausgeglichenen Partie setzte sich seine Erfahrung mit den für die Aljechin-Verteidigung typischen Strukturen schließlich durch. (Brett 8, Beyer – Pitschka, 0 : 1)

Zunächst sah auch die Partie von Chris ganz gut für uns aus – nach dem starken 14. … e4 hat Schwarz bequemen Ausgleich und ein stabiles Feld auf d4 für seine Figuren. Allerdings ging es danach gleichermaßen unmerklich wie stetig bergab; im späten Mittelspiel hatte Weiß die aktiveren Figuren (besonders der schwarze Läufer wirkte merkwürdig nutzlos) und gewann den d-Bauern (27. … Ta7!? hätte das wohl wenigstens aufgeschoben). Weiß ließ in der Folge keine Chance aus und überführte schließlich noch den Springer zum Königsflügel, was die Partie leider zu unseren Ungunsten entschied. (Brett 2, Schaller – Koepke, 1 : 0)

In der Hauptvariante des Bogoljubow-Indisch erarbeitete sich Roland strategische Vorteile (aus schwarzer Sicht war 23. … c5 statt 23. … Sh6? nötig), so dass wir auf einen Sieg am Spitzenbrett spekulierten. Allerdings konnte man sich bald nicht mehr ganz so sicher sein, da Schwarz Gegenspiel am Königsflügel erhielt (nach 27. e4!? wäre die Felderschwäche auf f3 vielleicht weniger ins Gewicht gefallen). Schwer zu sehen war der mögliche Gewinn nach einem weitere Fehler des Schwarzen (35. Sd7! Tg6 36. Txc6! +-). Anschließend war das Dauerschach unvermeidlich. (Brett 1, Loetscher – Kuraszkiewicz, ½ : ½)

Mit den weißen Steinen war ich natürlich auf eine umkämpfte Partie und den vollen Punkt aus, aber da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Mein Gegner wählte im Katalanisch eine sehr technisch geprägte Variante, die mir einen Mehrbauern, aber keinen wirklich greifbaren Vorteil einbrachte. Nach einer Ungenauigkeit war schließlich auch das mikroskopischste Endspiel-Plus verschwunden, und ich musste mich leider ins Remis fügen. (Brett 5; Rücker – Hoerr, ½ : ½)

foto6Wie immer nicht mit allzu schwerem theoretischem Gepäck beladen, marschierte Thorsten zu einem überzeugenden Sieg im Königsinder. In der Fianchetto-Variante gab Weiß seinen Zentralbauern für wohl eher vage Chancen am Königsflügel – diese Spielweise ist bekannt, erscheint mir aber nicht sehr vielversprechend. Nach einigen akkuraten Zügen übernahm Thorsten selbst die Initiative am Königsflügel, gewann einen wichtigen Bauern und wickelte ins Turmendspiel ab. Mit dem aktiveren König war dieses dann leicht zu gewinnen. (Brett 4, Sandner – Schmitz 0-1)

Sehr unglücklich verlief die Partie an Brett sieben – oder es war einfach der Tag des Königsinders. Im Makagonow-System (5. h3) war für Jochen bereits im frühen Mittelspiel nicht alles nach Plan verlaufen. Letztendlich ergab sich noch eine Rettungschance im Turmendspiel, aber wie es häufig so ist, geht eine solche Partie dann eben letztendlich doch verloren. (Brett 7, Schoellmann – Pfeufer, 0 : 1)


foto10Harrys Partie im Trompowsky schien sehr einseitig zu sein; was aber nach einem großen Positionsvorteil (Raum, aktivere Figuren, Entwicklung, Felderschwäche auf d6) aussah, war wegen des geschlossenen Charakters der Stellung nicht leicht in den vollen Punkt umzuwandeln. Natürlich versuchte Harry bis zur letzten Sekunde, den noch benötigten Sieg für den Mannschaftserfolg zu erzielen, aber gegen die umsichtige Verteidigung seines Gegners war nichts zu erreichen; am Ende entstand eine instruktive Remisfestung im Springer-Läufer-Endspiel. (Brett 3, Bredl – Pfretzschner ½ : ½)

Endstand: 4-4

SC Garching –Erfurter SK

Das erste Resultat des Wettkampfes war ein souveränes Schwarzremis, das Harry gegen Großmeister Peter Enders erreichte. Dieser hatte sich mit 1. b3 experimentierfreudig gezeigt, konnte aber gegen den stabilen Aufbau des Schwarzen nichts Greifbares erreichen. (Brett 3; Enders – Bredl, ½ : ½)

Mit Schwarz gegen den überaus soliden IM Casper rechnete ich mir schon im Vorfeld nicht gerade Hurra-Schach und einen Sturm und Drang-Sieg aus; so kam es auch zu einer eher positionell geführten Partie in einem Sizilianer mit 3. c3. Eine strukturelle Schwäche auf d6 konnte ich zunächst mit Entwicklungsvorsprung kompensieren; anschließend opferte ich kurzfristig einen Bauern am Damenflügel, um alle Figuren zu aktivieren und mit einem starken Läuferpaar den kompletten Ausgleich herzustellen. Eine von beiden Seiten korrekt gespielte, wenn auch nicht sehr inhaltsreiche Partie. (Brett 5; Casper – Rücker, ½ : ½)

Etwas holpriger war der Weg zum dritten Schwarzremis, das wir erreichen konnten. IM Troyke erarbeitete sich gegen Jochens slawische Struktur ein spürbares strategisches Übergewicht und großen Raumvorteil, so dass die Figuren des Schwarzen kaum gute Felder finden konnten, und auch der König sich nicht wirklich wohlfühlte. Gerade noch rechtzeitig zog Jochen mit einem Qualitätsopfer die Notbremse und verunklarte damit die Stellung – was ein Remisangebot des Gegners zur Folge hatte. Drei beendete Partien und das dritte Remis mit Schwarz – das sollte eine gute Grundlage für den Gesamtsieg sein. (Brett 6, Troyke – Schoellmann, ½ : ½)

Auf die Siegerstraße brachte uns dann Alex mit einem sauberen, strategischen Sieg gegen den Bundesnachwuchstrainer Bernd Voekler. Im KI-Fianchetto hatte dieser sich in eine zu passive Stellung drängen lassen, was Alex mit positionell starkem Spiel ausnutzte, ohne seinem Gegner eine Gegenchance zu lassen. (Brett 7, Dehlinger – Voekler, 1 : 0)

Ein weiteres Unentschieden steuerte Thorsten in einem Spanier mit De2 bei. Die Abwicklung mit Damentausch wurde bis 14. … Ld3 bereits 1941 gespielt, wobei kriegerische Handlungen dem ganzen Abspiel wohl eher fremd sind und Schwarz hier insgesamt keine großen Probleme haben sollte. Ganz einfallsreich ist der ‚mysteriöse Turmzug‘ 18. Tac1; das schwarze Konzept mit 15. … c5 und dem damit einhergehenden Figurentausch auf d5 im 19. Zug erschien mir dagegen strategisch ein wenig riskant, auch wenn der Nachziehende seine Schwächen zunächst sicher decken kann. Auf der anderen Seite hat Weiß auf d5 auch einen Bauern, der ständiger Aufmerksamkeit bedarf, so dass die Stellung wohl noch ungefähr im Gleichgewicht und das Remis damit gerechtfertigt war. (Brett 4, Schmitz – Mueller ½ : ½)

Mit 6. h3 gegen Najdorf wählte Chris eine modische und momentan wohl recht erfolgversprechende Variante. Die Reaktion des Schwarzen mit 6. … e7-e5 ist typisch, allerdings wirkt das darauf folgende h7-h5 (üblich ist 7. … exf4) ein wenig exzentrisch, wenn Weiß seinen d4-Springer nach b3 und nicht nach e2 gerettet hat. In der Folge erhielt Weiß zunächst das d5- und dann das mindestens genauso nützliche e4-Feld für seine Figuren; vermutlich sollte Schwarz mit 17. … Lxe3 und 18. … Lxd3 beide Läufer tauschen, aber auch dann ist zweifelhaft, ob sein König langfristig gesehen auf Rosen gebettet sein wird. In der Partie verzichtete er darauf selber zu tauschen, und Chris erzeugte einen schwachen Doppelbauern auf der b-Linie, den er auch gleich mit dem originellen Te4 unter Beschuss nahm. Danach war klar, dass Schwarz mattsetzen muss, um die Niederlage zu vermeiden. Hier kam es zwar auf jedes Tempo an, der direkte Versuch mit Sd7-c5 scheiterte jedoch und führte nur dazu, dass der schwarze Monarch als Desperado-König der gegnerischen Grundreihe einen Besuch abstattete, um schließlich auf dem Rückweg ins eigene Lager mattgesetzt zu werden. Sehenswert! (Brett 2, Koepke – Braeuer, 1 : 0)

 

foto20Am achten Brett entstand eine für Franco-Benoni typische Struktur, in der Claus von Anfang an positionelle Vorteile verbuchen konnte. Vor allem fand Schwarz keine guten Felder für die Figuren, und ein Befreiungsversuch im Zentrum mit d6-d5 führte nach dem starken f4-f5 zu für Weiß günstigen Verwicklungen, die Claus den vollen Punkt einbrachten. Nebenbei bemerkt: Bei drei Einsätzen und drei erzielten Punkten kann man Claus nicht unmittelbar die Hauptschuld am Garchinger Abstieg zuschreiben. (Brett 8, Pitschka – Steinacker, 1 : 0)

foto22Während andere vielleicht versuchen würden, den letzten für die Sicherung der IM-Norm benötigten halben Punkt im Caro-Kann oder Russisch einzufahren, setzte Roland gegen GM Haba lieber auf eine scharfe Drachenvariante, in der er auch noch einen Bauern ins Geschäft steckte. Die Stammpartie dieser Variante stammt ebenfalls von Roland (2008, 0-1), so dass Petr Haba sich genau vorbereiten konnte; mit 15. Sa3 wich er von der genannten Vorgängerpartie ab. In dem daraus resultierenden, sehr komplexen Mittelspiel waren die Chancen verteilt; schließlich kam es zu einem Zeitnotduell, bei dem Roland sich mehrere Male erst mit der letzten verbleibenden Sekunde auf der Uhr für einen Zug entscheiden konnte. Anschließend hatte Weiß durchaus Chancen, seinen Mehrbauern zur Geltung zu bringen (41. b4 !?); das in der Schlussstellung entstandene Endspiel dürfte dagegen günstig für Schwarz sein (Weiß kann sich mit der Bauernmehrheit am Damenflügel aufgrund des abgeschnittenen Königs nur schwer nach vorne bewegen), aber zu dem vereinbarten Remis und dem damit einhergehende IM-Titel kann man natürlich nur gratulieren! (Brett 1, Haba – Loetscher, ½ : ½)

Endstand: 5,5-2,5


Im Endklassement finden wir uns auch nach diesen beiden Punkterfolgen weiterhin auf dem drittletzten Rang und damit auf dem ersten Abstiegsplatz. Immerhin 34 Brettpunkte (Schnitt pro Mannschaftskampf: 3,77) machen deutlich, dass wir vollwertige Matches gespielt haben und keineswegs chancenlos waren; bei einer Wertung nach Brettpunkten wäre sogar ein solider Mittelfeldplatz für uns herausgesprungen. Das hilft uns aber letztendlich nicht, und deswegen dürfen wir jetzt der Bayerischen Oberliga einen Besuch abstatten – wenn alles nach Plan läuft, wird das nur eine ganz kurze Stippvisite.